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 Dungeon Capturer

One Shots

Alle Kurzgeschichten hier wurden ab 2008 geschrieben. Die neusten findet ihr oben.
Ein Kopieren oder anderweitiges Nutzen der Texte ist nicht ohne persönliche Erlaubnis erlaubt!



Kleine Übersicht:


Kerker | Karneval 20.12 | Back in my Days | Bin ich nicht? | Worte in Gedanken fassen | Der Tanz | Das Mädchen am Fenster | Frau Potter | Über das Beinerasieren und mehr | Elternkrise | Am Strand



Kerker (2013)



Angst. Dunkelheit. Alles umschlingende Finsternis.
Sie umhüllt dich, sie packt und fesselt dich. Du kannst nicht entfliehen. Bist gefangen in der Schwärze, in der Tiefe.
Es ist egal, wie sehr du dich wehrst, es ist egal, wie sehr du kämpfst. Dein Scheitern ist unvermeidbar. Dein Schicksal ist besiegelt. Wie könnte es jemals anders sein?
Der Wahnsinn hat dich eingesperrt. Gefesselt und eingekerkert. Machtlos. Hilflos. Schwach.
Sieh nur, das bist du. Welch erbärmlicher Anblick!
Ich lache. Ich lache über dich. Und mit Vergnügen seh ich dabei zu, wie du in der finsteren Zelle verrottest.
Du hattest Angst davor, nicht wahr? Angst, zu versagen. Angst, da zu landen, wo du jetzt bist.
Ich bin der König. Ich bin in diesem Schloss aufgewachsen.
Du! Dich haben unsere Eltern bei Bauern aufwachsen lassen. Es ist mir egal, ob du der Ältere bist, ob du der Thronerbe bist. Ich bin dein Ebenbild. Ich werde die Macht behalten, während du in meinem Kerker versauerst.
Das ist mein persönlicher Triumph!

Ries hockte da. Es war finster. Nicht einmal ein Fenster war hier, das auch nur etwas Licht hätte spenden können. Man sah die Hand vor Augen nicht.
Ries hockte da. Seine Arme schmerzten. Sie hingen an der Wand mit festen Eisenschellen. Alles war nass. Er wusste nicht, woher, aber bei Regen floss Wasser in die enge Zelle, die mit einer dicken Eisentür verschlossen war. Das Wasser lief immer rechtzeitig ab. Er würde schon nicht ertrinken.
Doch die Furcht blieb.
Sie fing ihn ein, hielt ihn fest, raubte ihm den Verstand.
Er hatte für seinen Glauben, für das Volk gekämpft. Er war bereit gewesen, für seine Ziele zu sterben.
Doch er würde nicht sterben. Das war zu einfach. Nein, man würde ihn hier lassen, in der Panik.
"Hilfe...", murmelte er leise, schwach.
Sie umhüllte ihn.
Alles umschlingende Finsternis. Dunkelheit. Angst.


Karneval 20.12 (2013)



Karneval. Saufen, Fressen, Feiern und sich total blamieren. Abgesehen davon, dass manch ein weniger intelligentes Individuum unserer Gesellschaft das durchaus auch an normalen Wochenenden schafft, so ist Karneval doch im Grunde nichts Anderes, als eine Entschuldigung fürs Saufen - Als ob man das nötig hat, lacht das Individuum - und ein gigantischer Motor für die Alkoholindustrie, um Kohle zu scheffeln.
ich persönlich ümpfe als Anti-Alkoholiker nur die Nase und denke mir: Wozu das Ganze? Nun, wem's gefällt... Mir nicht!
Deshalb beschließe ich jedes Mal aufs Neue: An Karneval spiele ich Graf Dracula. Jalousie runter, Licht aus, Außenwelt ignorieren. Alles, was ich dann tun werde, ist Zocken. Adé, Zivilisation. Ich komm wieder, wenn sich eure Gehirnzellen von dem ganzen Alkohol erholt haben und ihr euch denkt: "Scheiße, was war denn da mit mir los?"
Tja, so scheinbar perfekt dieser Plan auch gewesen war, er wurde mit einem Schlag vernichtet, als ich mich zwei Wochen vor den Karnevalstagen mit zwei Freunden treffe.
"Und? Wie verbringt ihr Karneval?", fragt Freund A.
Noch bevor ich antworten kann, redet Freund B, liebevoll auch Depp genannt. "Also ich feier Karneval bei Helena."
Im nächsten Moment grinst mich der Depp an. "Und wie verbringst du Karneval?"
Welch wundersamer Augenblick. Hat wer die Kamera? Sowas gehört doch eigentlich in irgendeine TV-Serie. How I met your Mother, anyone? Aber nein, das hier ist wohl Hell-TV. Damn it!
"Nun, anscheinend feier ich zuhause eine kleine Karnevalsfeier.", grinse ich zuckersüß. Der Depp sollte beten, dass ich Karneval gute Laune habe!
Zwei Wochen später ist Karneval. Trotz allem, dass ich in kleiner Runde feier, weiger ich mich, den hirnlosen Traditionen nachzugeben. Kein Alkohol - sind eh alle minderjährig -, keine Kostüme - unser Grinsen ist schon dumm genug, um den Winter zu verjagen - und keine Karnevalszüge. Unser Kontakt zur Außenwelt ist das Buffet im chinesischen Restaurant. Und der Rest der Tage geht vorüber in DVDs, Spielen, Albern und Lachen.
Am Ende von Karneval sind die Freunde weg, mein Zimmer ein Chaos, ich übermüdet und ich denke mir nur "Karneval war ja schon geil."
Ursprüngliche Tradition? Vergessen. Party, Alkohol und Hirnlosigkeit? Vorhanden. Spaß und Blamagen bis zum Geht-nicht-mehr? Jep, auf jeden Fall. Und ich denke mir nur... Streich den Alkohol und ersetz ihn durch KiBa und auf einmal ist es unsere Party gewesen. Ich muss zugeben, ich hatte meine Freude und es war toll. Trotzdem ist mein revidierender Gedanke, so sehr ich es hasse, dies zuzugeben, nur noch der: Scheiße, ich mach doch tatsächlich Karneval!


Back in my Days (2012)



"Ja ja, Back in my Days... da hat man noch das Spiel selbst gedownloadet und nicht ein programm, um das Spiel zu downloaden."
"Du bist erst 15, du Depp!"
Aber Recht hat dieser Depp, wenn er von do etwas redet. Ich selbst bin 18, aber auch ich kann schon von früher reden.
Back in my Days... Was heißt das?
Back in my Days, da ging man zum Kindergarten und hat im Dreck gespielt. Man wurde von den Eltern abgeholt, hat sich zuhause gewaschen und sich danach mit Freunden getroffen und... hat im Dreck gespielt. In der Grundschule ebenfalls und selbst auf dem Gymnasium hab ich die ersten zwei, drei Jahre noch im Wald getobt und das Zeckentransportmittel gespielt.
Und nun?
Nun sitz ich nachmittags vorm PC und chatte mit meinen Freunden. Und wenn mein fester Freund kommt, hat er was dabei? Den Laptop. Und er sitzt auf dem Bett und zockt, während ich an meinem eigenen Technikklotz sitze und Beethovens Neunte mit der Tastatur nachhaue, damit sich auf dem Monitor eine neue Geschichte abbildet. Wunderbar!
Das Deprimierende dabei ist ja auch noch, dass man genauso gut durch die Stadt laufen kann und schaut man in ein Café, so sieht man die Pärchen dasitzen und statt sich anzusehen und schmachtende Blicke zuzuwerfen, wie es früher war, hat man die Handys in der Hand und simst sich gegenseitig, wie lecker der Kuchen schmeckt. Bravo Technik, du vernichtest unsere zwischenmenschliche Kommunikationsfähigkeit.
"Back in my Days hätten wir uns noch in der Stadt getroffen zum Daten. Nicht zuhause, wo die Alten hocken."
Ich schaue meinen Vater an. "Now in my Days ist das Geld der Leute für anderen unsinnigen Kram draufgegangen."
Handys, MP3-Player, PCs... Das Geld meiner Freunde fließt in die Technik. Wo ist die Zeit von früher?
Wir leben auf dem Land und kennen die Felder doch nur aus dem Fernsehen. Unsere Freunde leben 15 Minuten mit dem Fahrrad entfernt und man chattet statt zu reden.
Der einzige Kontakt mit der Außenwelt ist - Oh Gott! - die Schule. Nicht einmal zum Einkaufen braucht's die Frischluft, denn alles gibt es ja auch online. Ebay, Amazon, ALDI.de... Was soll der Mist?
Back in my Days waren Sauerstoff und Sonnenlicht noch lebensnotwendig. Bewegung auch.
Back in my Days wurden noch Postkarten verschickt, keine e-cards.
Back in my Days gab es von den Eltern noch richtig Ärger, wenn man "DU ARSCHLOCH!" sagte.
Back in my Days lebte man noch richtig. Man war kein von der Steckdose abhängiger Cyborg-Verschnitt.
Back in my Days, Back in my Days...
"Schade", sagt mancher da nur, "doch jetzzt ist es wohl 'today'."


Bin ich nicht? (2012)



Bin ich nicht eine Illusion meiner Selbst? Weiß ich überhaupt, wer ich bin?
Ich schaue in den Spiegel, aber wen sehe ich? Mich, wie ich wirklich bin? Oder diejenige, die Andere sehen? Wie sehen mich die Anderen überhaupt? Wer bin ich? Habe ich überhaupt eine Persönlichkeit?
In der Schule bin ich still. Hören mich die Anderen überhaupt?
Bei Freunden bin ich fürsorglich. Bin ich für sie ein Stützpfeiler?
Zuhause, allein, bin ich für mich, doch wie bin ich dann? Wie sehe ich mich eigentlich?
Ich stehe wieder vor dem Spiegel. Ich weiß, wie ich aussehe. Aber mein Charakter, mein Ich…
Ich kann es nicht sehen vor lauter Entscheidungen.
Wie werde ich mich ihm gegenüber verhalten? Werde ich ihr gegenüber freundlicher sein? Zeig ich dem da, dass ich ihn nicht mag?
Entscheidungen… Entscheidungen, die mich jedem gegenüber anders erscheinen lassen, bis von meiner wahren Natur nichts mehr zu sehen ist. Für jeden Mitmenschen eine eigene Maske, eine eigene Illusion. Und wenn ich durch all diese Illusionen hindurch sehe, sehe ich nur Etwas, dass mir selbst ein Bild meiner Selbst gibt, geschaffen von meinen Entscheidungen in den stillen Tiefen meiner Gedanken. Eine Maske, nur für mich.
Ich bin eine Illusion meiner Selbst.
Aber bin ich dann nicht?


Worte in Gedanken fassen (2012)



"Was zum Teufel laberst du da?"
Wie oft habe ich diese Frage schon gehört? Sie mit einem Seufzen beantwortet und anschließend im riesigen Wörterbuch irgendwo in meiner hinteren Hirnhälfte nach anderen Worten gesucht, um genau dasselbe erneut zu sagen, nur eben anders.
"Und völlig entrüstet kam er wie ein Don Quichotte auf einem Rappen herangestürmt."
"Wat?"
Seufzen. "Ultrawütend ist er wie'n Irrer auf nem Ferrari auf mich zugerast."
"Ach so, sag das doch gleich."
Metaphern, wunderbare Metaphern, Vergleiche und Ausdrücke, die beschreiben. Was? Meine Gedanken natürlich, mein Bild meiner Fantasie oder Erinnerung. Und was davon kommt bei den Zuhörern an? Nichts. Und das Neuformulierte klingt so blass, so stumpf und niveaulos. Wo bleibt die Ästhetik? Wozu noch die Mühe?
Diese wunderbaren Bilder in meinem Kopf erreichen im Grunde niemanden. Zwischen dem Hirn meiner Selbst und den Hirnen der Anderen scheinen stets Unterschiede zu liegen wie zwischen einem einzelnen Chihuahua und einer Horde Mammuts.
Wieso? Woher? Liegt es einzig an mir? Oder an den Anderen? An uns allen?
Hören wir einander nicht zu oder ist es die Persönlichkeit eines Jeden von uns, die manche Dinge in der Kommunikation einfach nicht zulässt?
"Oh, sieh nur, diese Edelsteinringe. Die sind so herrlich. In blau und grün…"
"Das sind Plastiksteinchen.", sage ich nur trocken dazu.
So muss es und wohl allen gehen. Wir sehen in unseren Köpfen einen Schatz, doch außer uns kann ihn keiner greifen, keiner genauso deutlich und echt sehen. Ein, wie mir scheint, sehr trauriger Gedanke.
Lohnt es sich noch, ihn auszusprechen?


Der Tanz (2012)



Blau. Der erste Eindruck, den man nach dem Langsamen Öffnen der Augen bekam, war ein helles und fröhliches Blau.Als leuchte der Himmel an einem warmen Frühlingstag in seiner gesamten Pracht. Helle Flecke, wie viele kleine Wölkchen, leuchteten auf. Der verschwommene Blick wurde klarer. Die Wolken schienen golden zu sein. Der Blick wanderte herum. Sie befand sich in einem gewaltigen Tanzsaal. Alles war hellblau. Die Wände, die Säulen am Rand, die Decke... Immer wieder waren prachtvolle, goldfarbene Verzierungen zu seh'n. Der Boden, der sich spiegelnde Boden, hatte ein Muster aus goldenen und blauen Linien. Die Lampen erhellten alles, reflektieren vom Boden, ließen einen vollkommen in den Farben untertauchen. Sie fühlte sich beflügelt. Es wirkte alles so verträumt, so verschwommen. Trug sie etwa ein prachtvolles Abendkleid von damals? Der Blick glitt an ihr selbst hinab.Cremefarben, weiß, leicht verspielt... ein Kontrast in diesem Raum. Nur um diesen Kontrast zu verdeutlichen, begann sie sich zu drehen, durchschritt den Raum in verschiedensten, luftig-lockeren Bewegungen. Tanzen? Nein, durch den Saal schweben, sich in den Farben verlieren, alles wieder verschwommen wahrnehmen. Das einzige, duetlich Sichtbare war ihr eigener Tanz. Bewegen, drehen, tanzen. Wie in einem Rausch, immerzu tanzen. Jedes Mal wiederholten sich die Schritte nach einer bestimmten Zeit. Und doch war es egal. Ihr egal. Sie hätte es noch so oft wiederholen können, hatte die Melodie deutlich im Kopf.

Er lehnte an der Tür, schaute zu. Dort war sie und tanzte. Auf und ab, immerzu. Sie schien eine Melodie im Kopf zu haben, doch er hörte nichts. Außer ihren eigenen Schritten war nichts zu vernehmen. Und doch, dieser blaugoldene Raum, ihre Bewegungen... Er glaubte, dieselbe Musik wahrnehmen zu können, sie in einem cremefarbenen Kleid zu sehen, denselben Traum zu erblicken, nur aus einer anderen Perspektive. Es war, als wäre ein Tanzball. Ausgelassene, fröhliche Stimmung. Die Leute drehten sich über den spiegelnden Boden, redeten, lachten dabei. Und dort in der Mitte tanzte sie, nur darauf wartend, dass ein Prinz auf sie zuschritt, ihr die Hand reichte und mit ihr gemeinsam tanzte. Sie würde lächeln, das Angebot annehmen, mit ihm gemeinsam schweben und sie würden sich von allen unterscheiden, grell hervorstechen durch die absolute Harmonie. Ihr Tanz würde besonders sein. Sie würden es sein, die alle Gäste anleiteten.
Langsam beendete sie ihren Tanz. Die Hand, die sie erhoben hatte, als hätte sie damit eine andere gehalten, mit jemanden getanzt, sank hinab. Langsam öffnete sie die Augen, blickte ihn an.

Der Traum hatte geendet. Nun kam die Realität zurück. Und was blieb, war die Erinnerung an einen Tanzball mit ihrem Prinzen, wo sie fröhlich im strahlend blauen Himmel um die Sonne getanzt hatten.


Das Mädchen am Fenster (2009)



Die Boote segeln munter über das Wasser.
Das Meer rauscht fröhlich.
Ein Fenster ist offen.
Und an diesem Fenster steht ein Mädchen – junge Frau kann man fast schon sagen – und blickt hinaus. Niemanden wundert dies inzwischen mehr, denn dieses Mädchen steht immer dort. Tag für Tag. Stunde für Stunde. Moment für Moment. Nur nachts, wenn die Sonne untergegangen ist und sich die Finsternis über den Wellen ausgebreitet hat, schließt sie das Fenster und verschwindet im Inneren des leeren Hauses. Des leeren Hauses, welches dies auch für immer bleiben würde, leer und einsam. Nur das Mädel selbst wohnt und lebt dort. Niemand sonst ist dort, niemand sonst kommt dorthin und besucht sie, sie ist vollkommen allein. Aber selbst wenn jemand sie besuchen würde, sie würde die Tür ja doch nicht öffnen. Am anderen Ufer der nicht allzu großen Hafenbucht, dort, wo auch das kleine Städtchen liegt und sich der Hafen befindet, genau dort nennen sie alle inzwischen nur noch ‚das einsame Mädel’. Ihren Namen hat man schon längst vergessen. Wie ihre Stimme klingt, weiß auch niemand, denn das ‚einsame Mädel’ spricht nie. Sie ist vollkommen stumm, ihr Blick stets leer und starr. Sie kommt selten in die Stadt, kauft dort auch nur Nahrungsmittel. Inzwischen haben sich auch die verrücktesten Gerüchte über sie verbreitet, aber keiner weiß, wie viel Wahrheit diese enthalten, denn von der jungen Frau weiß man nichts.

So kann man auch nicht wissen, wie zerbrochen sie ist. Wie verzweifelt und wie zerrissen ihre Seele ist. Wie schmerzhaft jeder Schlag von ihrem Herze ist. Denn niemand interessiert mehr jener unheilvolle Tag. Jenes Grausam, welches die Bucht heimgesucht hatte. Jenes Schicksal, dass über das Mädchen hereingebrochen war. Nun steht sie da, Tag für Tag, schaut auf das Meer und erinnert sich an jenes Ereignis. Sie weiß, dass der Anblick des Wassers sie erinnern und sie leiden lässt und doch weiß sie genau so sehr, dass sie den Blick von diesem tückischen Element nicht abwenden kann. Ein Alptraum, ein Teufelskreis, eine Droge, die sie fest in ihren Fängen hält und ihr kein Entkommen lässt.
Ihre wirklichen Augen sehen inzwischen nichts mehr, vor ihrem geistigen Auge immer wieder dieselben Bilder:
Ihr Geliebter, mit welchem sie zusammen gelebt hatte, ging hin zum Hafen, um mit seinem Boot ein wenig zu segeln. Sie sah noch, wie er ihr aus der Ferne zulachte und mit seiner Hand winkte. Und dann verschwand die Sonne. Wolken bahrten sich schnell und dunkel auf und bald schon begann der grässliche Regen. Mit dem Regen wurden auch die Wellen höher und härter. Alle Schiffe wurden hin und her geschaukelt und die Gicht schäumte auf. Und dann ein grelles Leuchten, ein Donnern und plötzlich ein Flackern. Es war ein Blitz, ein Blitz, welcher das Schiff des Geliebten getroffen und in Brand gesetzt hatte. Eine weitere, besonders hohe Welle... das Schiff fiel zur Seite, drehte sich um, kenterte und ihr Mann konnte der Kraft der Wellen nichts entgegensetzten. Immer länger, Stunde um Stunde, dauerte der Sturm und dann schließlich war er zu Ende, doch weder vom Schiff, noch vom Geliebten war auch nur ein kleines bisschen zu sehen...

Ja, sie weiß, dass er tot ist, ertrunken damals, an diesem schrecklichen Tag. Und sie weiß auch, dass ihr Herz mit ihm auf den Grund des Meeres gesunken war. Und dort steht sie nun am Fenster, unfähig, ihren Gefühlen Ausdruck zu verleihen. Weinen kann sie nicht mehr, alles Salz ihrer Tränen ist bereits mit dem des Ozeans verschmolzen. Schreien und Wehklagen kann sie auch nicht mehr, denn ihre Stimme hat schon zu oft den Namen des Geliebten geschrieen, immer und immer wieder, ohne eine Antwort zu erhalten.
Und nun plagt sie nur noch die Sehnsucht. Sehnsucht nach der Nähe, Sehnsucht nach der Liebe, Sehnsucht nach dem Anblick des Bootes. Und ihr Leben ist trist geworden. Grau und trist, genau wie die Wand, an der sich das Fenster befindet. Genauso wie ihr Blick, der nach dem versunkenen Herz sucht. Genauso wie ihre Seele, welche ohne ihr Herz nicht existieren kann. Und so bleibt sie nichts Weiter als ein Mädchen am Fenster.


Frau Potter (2009)



„Hey, Frau Potter, was hast du da gemacht?“
„Mrs. Potter! Kannst du auch auf einem Besen fliegen?“
„Wenn du nach Hogwarts willst, musst du in die andere Richtung gehen!“
Ich senkte den Kopf und versuchte die Stimmen der älteren Schüler zu ignorieren. Mobbing nannten andere das, oder auch Diskriminierung. Ich jedoch nannte es Neid.

Es war vor etwa drei Wochen. Damals kamen wir, die Schüler der 2c gerade aus dem Sportunterricht. Wir standen noch im Flur vor unserem Klassenzimmer, unterhielten uns über das Brennball-Spiel und zogen uns dabei unsere Hausschuhe an. An unserer Grundschule war es nämlich so, dass jeder Schlappen tragen musste, wenn er in die Klassenzimmer wollte.
Jedenfalls weiß ich noch genau, wie Sebastian sich einen Spaß erlauben wollte. Ich hatte mit Tuppence, meiner damals allerbesten Freundin, über unser gestriges Treffen gesprochen, als er sich leise an mich heranschlich. Als er dann schließlich laut „Buh!“ in mein Ohr gerufen hatte, hatte er mich damit so erschreckt, dass ich losgerannt bin.
Warum ich losgelaufen war, weiß ich heute nicht mehr, aber ich glaube, ich wollte einfach nur Abstand zwischen mich und Sebastian bringen. Nun war da der Schuh von Kim. Sie hatte ihn gerade ausgezogen und noch nicht weggeräumt, als ich geradewegs über diesen Schuh stolperte. Ich verlor das Gleichgewicht und fiel.

Es war ein heftiger Schmerz, den ich dann rechts an meiner Stirn spürte. Ich bekam mit einem Mal tierische Kopfschmerzen. Natürlich, ich war ja auch gegen die Kante des Türrahmens gefallen. Schnell rappelte ich mich auf. Ich war ja schließlich schon sechs Jahre alt und kein Weichei mehr! Gekonnt unterdrückte ich die Schmerzen, drehte mich zu den Anderen um und lächelte. Anfangs war ich sehr verwundert, als mich alle entsetzt anstarrten. Ich verstand nicht ganz, warum.
Schließlich war es Miriam, die begann zu sprechen: „Helena, dein... Kopf!“ Sie konnte es wohl nicht wirklich beschreiben. Anscheinend war die Fassungslosigkeit zu groß, sodass sie schließlich nur den Arm hob und auf meine Stirn deutete.
Erst jetzt merkte ich, wie etwas Flüssiges über meine Wange lief. Als ich mit meiner Hand an die Stirn fasste, spürte ich etwas Feuchtes. Ich senkte meinen Arm und blickte auf meine blutverschmierten Finger.
Schon damals konnte ich den Anblick von zuviel Blut nicht ertragen. Die Tränen übermannten mich schließlich und ich fing an zu weinen und zu schreien. Damals hatte fast die ganze Schule für kurze Zeit den Unterricht gestoppt und sich verwundert gefragt, warum jemand so laut schrie. Erst durch die Lehrer, denen Herr Jütten Bescheid gesagt hatte, erfuhren die Schüler, dass ich, ein einfaches Mädchen aus der zweiten Klasse, gestürzt und mir ein Loch in den Kopf geschlagen hatte.

Inzwischen war der Verband um meinen Kopf ab und auf meiner blassen Haut zeichnete sich deutlich die rote Narbe ab. Es war einfach nur Pech, dass keine zwei Wochen vor meinem kleinen Unfall die gesamte Schule zu einem Ausflug ins Kino gegangen und dort „Harry Potter und der Stein der Weisen“ gesehen hatte. Aber da Harry Potter ebenfalls eine Narbe auf seiner Stirn besaß, nannte man mich von da an nicht mehr „Helena Reiners“ oder „Rheinische Post“ – ein Spitzname Zweier aus meiner Klasse. Nein, von da an hieß ich überall „Helena Potter“ oder auch einfach nur „Frau Potter“. Sie machten sich lustig über mich und meine Ungeschicklichkeit.
Was mich allerdings sehr aufgemuntert hatte, war, dass niemand aus meiner Klasse diese Bezeichnungen gebrauchte. Das zeigte mir, dass sie zu mir standen und mich mochten, trotz dieser Narbe.
Sebastian war sogar schon einen Tag nach dem Unfall hingegangen und hatte mir eine kleine Tafel Schokolade geschenkt, als Entschuldigung dafür, dass er mich so erschreckt und den Sturz mehr oder weniger verursacht hatte.
Und während sich Tuppence und all meine anderen Klassenkameraden über die ganzen Dritt- und Viertklässler aufregten, die mich beleidigten, lachte ich nur darüber. Sie waren halt nur neidisch darauf, dass sie keine Narbe auf der Stirn besaßen, die ihr Aussehen verschlimmerte und die einen seit neuestem auch gerne mal an Harry Potter und seine Blitznarbe denken ließ.
Und nach einer Weile legte sich auch dies wieder. So, wie es doch immer der Fall ist.

Obwohl Narben normalerweise mit der Zeit verblassen, sieht man meine immer noch ganz deutlich über meinem rechten Auge, direkt unterm Haaransatz. Außerdem besitzen sowohl mein Cousin, als auch meine Kusine ebenfalls eine Narbe auf der Stirn. Vielleicht gehört das einfach in die jüngste Generation unserer Familie. Und auch jetzt, nach ganzen acht Jahren, die dieser Vorfall schon zurückliegt, fragt man mich gerne, woher ich diese Narbe eigentlich habe.
Inzwischen lache ich nur noch mehr darüber und sage stets: „Es war ein kleiner Sturz gegen den Türrahmen, als ich in der zweiten Klasse war. Du kannst mich deswegen auch gerne ‚Frau Potter’ nennen. Mir gefällt der Name!“


Übers Beinerasieren und mehr (2008)



„Rasier dir doch endlich ‚mal diese entsetzliche Beinbehaarung ab!“
DARAUF hätte er einmal hören sollen. Aber hat er das? Natürlich NICHT!
Er war doch Wrestler. ‚Stachel-Siggi’ nannten ihn alle, wegen seiner Frisur. Hübsch gestachelt war sie. Die Frisur hatte er sich übrigens gemacht, nachdem man ihm seinen ersten Spitznamen gegeben hatte: ‚Schwuchtel-Siggi’.
Aber wie hatte er auch bloß erlauben können, dass seine mehr als schrullige Frau sein Kostüm nähte? Zumindest was seine Haare betraf, hatte sie nichts zu sagen... auch wenn er das jetzt bereute! SIE wollte ja immer Recht haben und aus jeder Konversation wurde eine Diskussion und schließlich ein Streit.

Eben der letzte Streit war dann besonders ausgeartet, ging es doch um das Geld, dass er hart verdiente. Sie hatte sich ja unbedingt eine hochmoderne Tröte kaufen müssen. Mit integrierter Glaskugel – Wow! Und das alles für ganze 3.000 Euro – dabei klang das vermeintliche Instrument schlimmer als der Versuch einer Katze, zu bellen...
Was für einen Sinn die Glaskugel hatte, wusste er ja jetzt. Denn beim oben besagten Streit ergriff dieses Weib doch tatsächlich das Streitthema und haute es ihm auf den Kopf. Ebendieser blieb in der Glaskugel stecken. Und rauszukriegen? Selbstverständlich nicht! (Und das auch noch vor einem wichtigen Wettkampf!)

Das Schlimme war, dass diese Träte auch noch immer dann grässliche und schiefe Töne trötete, wenn er ausatmete. Und das auch noch so laut, dass der Bürgermeister höchstpersönlich hingegangen war und ihn aus der Stadt geworfen hatte. Zumindest hatten sie ihm erlaubt, auf dem außerhalb gelegenen Golfplatz zu schlafen, wo auch dieses vermeintliche Loch 18 mit diesem dämlichen Bauklotz und dem schrecklichen Teich war, aber na ja...
Momentan konnte er sich über alles aufregen.

Lustigerweise hatte er auf dem Golfplatz eine Sense gefunden. Von ebendieser Sense hatte er sich eigentlich erhofft, die Tröte abschneiden zu können.
Aber noch bevor er es hatte ausprobieren können, kam ja Luzifers Stellvertreterin, welche einem das Leben zur Vorhölle machte und sich auf bloßes Foltern durch Dickköpfigkeit und Reden spezialisiert hatte. Man hätte sie auch seine Frau nennen können...
Nun kam sie daher und meinte eiskalt, sie wüsste, wie sich die Trompete abmachen ließe. Aber dafür müsste er sich seine Igelfrisur abschnibbeln und sich die Beine rasieren.
Mit ihrem fast schon siegessicheren Lachen hatte sie wohl die Sense in seiner Hand übersehen...
Sie war Luzifers Stellvertreterin? Dann konnte sie ja zu ihrem Boss zurückgehen und – zack! – der Kopf war ab. Und natürlich wurde die Leiche sofort im Teich von Loch 18 versenkt. Wenigstens hatte diese Wasseransammlung jetzt eine schöne, rote Farbe...

Zurück zum eigentlichen hob er erneut die Sense, um die Tröte abzuhacken, wie bei seiner (Ex-)Frau den Kopf vom Körper... aber wie könnte es auch anders sein? Die Tröte war natürlich aus Olihako (einem bis dato recht unbekanntem Metall, dass dummerweise unzerstörbar war)!
Tja, hätte er doch nur einmal darüber nachgedacht, sich vielleicht doch die Beine zu rasieren, dann wäre er dieses Töne spuckende Monstrum nun los. Seine Frau hätte er später ja auch noch umbringen können... Und jetzt?

Inzwischen hatte die Polizei einen hohen Drahtzaun um das Gelände gemacht, da man ihn zwar wegen Mordes überführt, seinen Kopf jedoch nicht in das Polizeiauto gekriegt hatte (und man keinem Gefängnisinsassen dieses schreckliche Getröte zumuten konnte...).
Seinen Spitznamen ‚Stachel-Siggi’ war er übrigens auch los. Stattdessen hieß er ‚Siggifant’.
Aber das Schicksal hatte einen manchmal ja auch auf dem Kieker!

Und die Moral von der Geschicht’:
Vergiss zu rasieren deine Beine nicht!


Elternkrise (2008)



Lärm. Und wieder stritten sie. Ihre Stimmen hallten durch das ganze Haus. Marie saß in einer Ecke ihres Zimmers. Sie hatte die Arme um die Knie geschlungen und weinte stumm. Sie mochte es nicht, wenn ihre Eltern stritten. Sie hatte es noch nie gemocht und sie würde es auch nie mögen. Doch leider stritten sie seit einigen Monaten fast jeden Tag.
Warum konnten sie denn keine glückliche Familie mehr sein, so wie früher?
Damals war alles noch anders. Jeden Tag war Gelächter zu hören, sie machten alle zusammen einen Ausflug ins Kino oder in ein Schwimmbad und hatten ihren Spaß. Doch seit dem einen entscheidenden Tag waren sie nie mehr in einen Film oder ins Schwimmbad gegangen. Seit dem Tag, an dem der Sohn der Familie, Mark hieß er, gestorben war. ‚Es war nur ein Unfall’, sagte Marie sich immer wieder, Tag für Tag. Und sie wünschte, ihre Eltern würden das genauso sehen. Doch dem war nicht so. Immerzu machte ihre Mutter dem Vater einen Vorwurf, gut versteckt in einer Nebenbemerkung. Marie selbst merkte dies nie, doch ihr Vater fand jeden einzelnen Vorwurf, egal wie gut er hinter den Wörtern eingebettet und versteckt lag. Und immer wurde er dann wütend und schrie die Mutter an. Wenn das der Fall war, ging Marie immer leise aus dem Raum, lief in ihr eigenes Zimmer, welches sie sich einst mit ihrem Bruder geteilt hatte und kauerte sich in eine Ecke, wartete ab, dass ihre Eltern endlich aufhören würden zu schreien.
Dies dauerte jedoch oftmals Stunden. Sie blieb solange in ihrer Ecke und weinte, betete dem Ende des Streites zu und wagte zu hoffen, dass es der Letzte war. Doch immer wieder irrte sie sich in ihrem Hoffen. Aber die Enttäuschung war nicht groß genug und so war es jeden Tag dasselbe, nie etwas Anderes.
Sie selbst litt sehr unter der Beziehung ihrer Eltern. Sie hatte so oft das Verlangen, aufzubegehren, Vater und Mutter anzuschreien, sie sollen es lassen. Sie wollte ihnen sagen, wie sehr sie selbst unter den Streitereien litt, aber allein der Versuch war ja sinnlos. Sie würden ihr ja doch keine Beachtung schenken. Sie konnte ja nicht einmal den Namen Mark oder das Wort Unfall schreiben. Sie würde erst im nächsten Jahr schreiben lernen, wenn sie endlich eingeschult werden würde. Bis dahin blieb ihr nichts Anderes übrig, als den Horror zu ertragen.


Am Strand (2008)



Ich erzähle euch eine Geschichte aus dem Leben. Eine Geschichte, die wehtun kann. Aber doch hoffe ich, dass ihr euch immer an diese erinnert und mit Verstand mitfühlt und auch lernt, richtig zu kämpfen.

Es war vor vielen Jahren. Ich wanderte am Strand entlang, an dem gerade Ebbe herrschte. Und dort saß sie und baute eine Burg aus Sand. Ihr langes, helles Haar wehte im Wind, leicht wie eine Feder. Ich spürte einen Schlag im gesamten Körper, als ob ich die Elektrik selbst berührt hätte. Wie sie da saß und den Sand stählte, bis dass die nächste Flut das Kunstwerk zerstörte. Und bis dahin wäre sie längst auf dem Weg nach Hause. Gewiss war sie bereits eine junge Frau, sicher älter als 15, aber noch jünger als 22. Und doch hatte sie etwas Kindliches und Sorgloses an sich, dass mir die Luft wegblieb. Als ob jemand sämtlichen Sauerstoff gegen ein anderes, nicht zu atmendes Gas ausgetauscht hätte. Ihre Augen waren ozeanblau und wenn ich diese schaute, wurde der gesamte Rest der Welt verdrängt.
Sie sah auf und wie sie mich sah, lachte sie. Sie stand auf, kam auf mich zu und ich hatte keinen Plan, was ich sagen könnte. Ich hatte das Gefühl, sie würde den Grund meines Herzens erkennen.
„Die Sonnenzeit ist schön, nicht wahr?“, fragte sie mich. Ich verstand nicht. „Dein leben ist momentan nicht so prickelnd, oder? Die Menschen streiten und an allem scheinst du Schuld zu sein... Aber weißt du was? Du darfst nur nicht aufgeben. Finde den Frieden, der denen fehlt und teile ihn einfach. Selbst wenn sie sich noch so sehr irren, vergib ihnen!“
Diese Worte trafen mich so sehr, dass ich sie niemals wieder vergessen werde.

Der Himmel war vollkommen wolkenlos, als wir nebeneinander im Sand saßen und sie sich an mich lehnte. Ich fühlte mich absolut unbeschwert. Und ich wusste auch, warum. Nur wusste ich nicht, wie ich meine Liebe in Worte fassen konnte.
Wir betrachteten das Firmament, wo Milliarden von Sternen hell aufleuchteten. Nichts hätte diese Atmosphäre um uns stören können. Nicht einmal das Klingeln meines Mobiltelefons, bei welchem ich sonst immer sofort reagiert hatte.
Bald würde ich mich auf den Weg nach Hause machen. Und dann würde sie mein Geleit sein. So zumindest glaubte ich.

„Ich muss gehen...“, sagte sie zu mir.
„Aber dann bin ich wieder allein!“, antwortete ich. Auf einmal wurde mir schrecklich kalt.
Aber sie schüttelte nur den Kopf. „Ich bin immer bei dir. Ich war schon immer bei dir. Ich bin dein Zweites Ich!“
Und plötzlich schien der Mond ungetrübt durch sie zu scheinen. Ich blinzelte – und sie war gänzlich fort.
Und alles, was mir bleibt, ist eine bloße Schwärmerei.




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